Die Geschichte Herchens
Herchen wurde erstmalig in einer Urkunde des Papstes Innozenz II. vom 31. März 1131 erwähnt. Sie bestätigt, dass die katholische Pfarrgemeinde dem Cassiusstift Bonn "zugehörig" sei.
Wahrscheinlich war aber der Ort schon wesentlich früher Stätte eines germanischen Opfersteins, der an der Stelle der heutigen katholischen romanischen Basilika gestanden haben soll.
Andere Quellen sehen Herchen als eine Gründung der Alemannen an, die z. Zt. Karls des Großen in dieses Gebiet kamen.
So vielseitig wie die Theorien zur Entstehung Herchens sind auch die Namensbezeichnungen, die für den Ort überliefert sind:
Herkingen, Herchlingen, Herechingen und endlich Herchingen, wie auf einer alten Postkarte zu lesen ist.
Jenseits dieser Entstehungsmythen setzt die sicher dokumentierte Geschichte unseres Dorfes am 1.1.1247 ein. Denn damals gründete der letzte Graf von Sayn, Heinrich III., das Zisterzienserkloster in Herchen und übertrug der Gräfin Mechthilde von Landsberg-Sayn die Bauausführung. Als Gründungsjahr wird 1248 angenommen. 1266 unterstellte der Erzbischof von Köln das Kloster dem Abt von Heisterbach.
Schenkungen, Landwirtschaft, Weinbau, später eine Walkmühle und sogar ein Brauhaus führten zu einem gewissen Wohlstand des Klosters und damit auch des Dorfes Herchen.
Im Mittelalter waren der Ort und seine Umgebung Zentrum des Tuchweber-Handwerks, das der Region Ansehen in ganz Europa verschaffte.
Doch Ende des 16. Jhdts. verarmten Kloster und Dorf und eine Pestepidemie beendete das klösterliche Leben in Herchen. 1581 ging es in den Bestand des Klosters Merten über.
1701 wurde zur Erinnerung an das ehemalige Kloster eine kleine Kapelle an der Sieg errichtet und dem Hl. Antonius geweiht.
Sie steht heute noch dort und gibt ein letztes Zeugnis von der Bedeutung unseres Dorfes in einer längst vergangenen Epoche.
Nach Klosterleben und Tuchweberei prägte über lange Zeit die Armut das karge bäuerliche Leben der Menschen im Siegtal.
Erst in der 2. Hälfte des 19. Jhdts. gelangte Herchen wieder zu einem bescheidenen Wohlstand, als 1850 mit dem Bau der heutigen Siegtalstraße begonnen wurde.
(Die Genehmigungsurkunde Kaiser Friedrich Wilhelms ist in unserem Dorfarchiv noch zu sehen.)
Ein weiterer Entwicklungsschub folgte 1858/59 durch den Bau der Eisenbahnstrecke Köln - Siegen, die wegen der vielen Tunnel und der engen Bögen als ein Meilenstein des Eisenbahnbaus galt.
Nun hatte die neue Zeit auch unser entlegenes Siegtal erreicht. Aber während sich im Siegerland und flussabwärts von Eitorf bis zur Mündung in den Rhein rasch große und mittlere Industriebetriebe ansiedelten, blieb unser Dorf in seinem engen Siegbogen davon unberührt. Stattdessen wurde Herchen 1883 im "Baedeker", dem damals berühmtesten Reiseführer, als "schönster Luftkurort des Siegkreises" bezeichnet.
Denn unter den wohlhabenden Städtern aus Köln oder Düsseldorf galt es damals als chic und modern, einen Wochendausflug mit dem neuen Verkehrsmittel Eisenbahn zu machen oder die "Sommerfrische" im Grünen und "auf dem Land" zu verbringen. Einige reiche Stadtbürger bauten sich in Herchen sogar ihre Sommerhäuser.
Der "Kurpark" ist noch heute beliebter Aufenthalts- und Veranstaltungsort.
Besonderen Anklang fand Herchen in Künstlerkreisen.
Belegt sind Aufenthalte des Musikers Engelbert Humperdinck, des Schriftstellers Josef Winckler, der hier den Tollen Bomberg geschrieben hat, und der Gruppe des Düsseldorfer Malkastens.
Noch heute erinnern die „Düsseldorfer Hütte“ und der „Künstlerweg“ an die Vergangenheit Herchens als Sommerfrische der Künstler.